Wiesbaden feierte am Donnerstag eine deutschlandweite Premiere: Erstmals wurden fünf verschiedene Anbieter des Rettungsdienstes einer Großstadt gemeinsam nach KTQ zertifiziert. Für die Zertifizierung wurden Patienten- und Mitarbeiterorientierung, Sicherheit, Kommunikations- und Informationswesen, Führung und Qualitätsmanagement der einzelnen Hilfsorganisationen überprüft.
Am Donnerstag wurden in einem Festakt im Wiesbadener Rathaus durch den Vorsitzenden der Gesellschafterversammlung der KTQ, Dr. Josef Mischo, und den Gesundheitsdezernenten der Landeshauptstadt Wiesbaden, Bürgermeister Arno Goßmann, die KTQ-Zertifikate an die fünf Wiesbadener Rettungsdienstorganisationen Arbeiter-Samariter-Bund, Deutsches Rotes Kreuz, Johanniter-Unfall-Hilfe, Malteser Hilfsdienst und Ambulance Wiesbaden übergeben.
Als Vertreter des Sozialministeriums, der zuständigen Landesbehörde, war Regierungsdirektor Wilhelm Schier anwesend.
Gesundheitsdezernent Goßmann betonte in seiner Rede, dass die Vielfalt der Organisationen im Wiesbadener Rettungsdienst für Innovationskraft und Konkurrenz im positiven Sinne stehe, die Aufsicht und Steuerung des Rettungsdienstes aber der Stadt obliege: „Um Qualität messbar und vergleichbar zu machen, ist Transparenz erforderlich. Die Transparenz, die KTQ bietet, war einer der entscheidenden Gründe, weshalb wir uns für KTQ als Zertifizierungsverfahren entschieden haben. Wir als Stadt wollen und brauchen Transparenz, um unseren Aufgaben wahrnehmen zu können.“
Bereits der Prozess der Selbstbewertung, wie er in Wiesbaden durchlaufen wurde, zeigte die Stärken von KTQ. Alle Hilfsorganisationen haben die sechs Hauptkategorien zeitgleich bearbeitet und monatlich gemeinsam mit der Stadt als Rettungsdienstträger ihre Ergebnisse verglichen und diskutiert. Anfangs war es für alle Beteiligten ungewohnt und schwierig, interne Prozesse gegenüber vermeintlichen Konkurrenten offen zu legen und sogar noch zu präsentieren. Doch schon bald entstand ein Klima der vertrauensvollen Zusammenarbeit und befruchtenden Kooperation. Für den Rettungsdienstträger zeigte sich bereits nach kurzer Zeit, dass Kernprozesse transparent und vergleichbar werden.
Unter Moderation des Rettungsdienstträgers wurde Anfang 2012 gemeinsam von allen Leistungserbringern im Rettungsdienst in Wiesbaden beschlossen, das Zertifizierungsverfahren nach KTQ anzugehen. Der Projektplan sah vor, die Selbstbewertung innerhalb von sechs Monaten durchzuführen. „Dieses überaus sportliche Ziel wurde erreicht und zum 30. September 2012 abgeschlossen. Dies ist der großen Disziplin und dem enormen Einsatz der Leistungserbringer und ihrer Mitarbeiter zu verdanken“, so Goßmann. Die formalen Schritte des KTQ-Zertifizierungsverfahren wurden anschließend durchlaufen und mit einer zweitägigen Begutachtung eines jeden Leistungserbringers im Februar dieses Jahres durch unabhängige Visitoren abgeschlossen. Der Projektplan, wie er Anfang letzten Jahres besprochen und verabschiedet wurde, konnte somit eins zu eins umgesetzt werden.
Bei der Bewertung im KTQ-Verfahren wird neben dem Erreichungsgrad auch der Durchdringungsgrad aller 57 Einzelkriterien bewertet. Bei den zweitägigen Visitationen wurde von den Visitoren insbesondere auf die Darlegung und Überprüfung des Durchdringungsgrades großes Augenmerk gelegt. Damit, so Dr. Götz Brodermann, Ärztlicher Leiter Rettungsdienst in Wiesbaden, kann aus der Bestätigung der Zertifizierungsreife durch die Visitoren unmittelbar der Rückschluss auf die vorhandene Qualität in der tagtäglichen Umsetzung geschlossen werden: „Mir als Notfallmediziner liegt dieses besonders am Herzen, weil wir damit die unmittelbare Versorgungsqualität in der tagtäglichen Praxis zeigen und nachweisen können“.
Gemäß den gesetzlichen Vorschriften nach dem Sozialgesetzbuch müssen Einrichtungen im Gesundheitswesen einen Nachweis über ein internes Qualitätsmanagement erbringen. Welches Verfahren dazu angewendet wird, bleibt den Einrichtungen selbst überlassen. Neben der DIN EN ISO 9001, nach der bisher schon die meisten Wiesbadener Rettungsdienstorganisationen zertifiziert waren, ist KTQ eine Möglichkeit, der gesetzlichen Vorgabe nachzukommen.
KTQ steht für „Kooperation für Transparenz und Qualität im Gesundheitswesen“ und ist ein im Gesundheitswesen etabliertes Zertifizierungsverfahren im Qualitätsmanagement. Das KTQ-Zertifizierungsverfahren gibt es seit 2001. Zunächst nur für Krankenhäuser konzipiert, wurde es in den Folgejahren auf andere Institutionen wie Pflegeheime, ambulante Pflegedienste und Arztpraxen ausgeweitet. 2011 kam der Rettungsdienst als eigener Leistungsbereich hinzu. Die Gesellschafter der KTQ sind die Verbände der Kranken- und Pflegekassen auf Bundesebene, die Bundesärztekammer, die Deutsche Krankenhausgesellschaft, der deutsche Pflegerat sowie der Hartmann Bund und der Verband der Ärzte Deutschlands, welche die zentralen Interessensverbände im Gesundheitswesen darstellen. KTQ ist ein spezielles Zertifizierungsverfahren für medizinische Leistungserbringer, das nahe am Patienten ist und sich an dessen spezifischen medizinischen Ansprüchen und Bedürfnissen orientiert.
Die Qualitätsberichte und die Struktur- und Leistungsdaten der einzelnen Hilfsorganisationen sind online als PDF abrufbar:
- Ambulance Wiesbaden: Qualitätsbericht / Struktur- und Leistungsdaten
- Arbeiter-Samariter-Bund: Qualitätsbericht / Struktur- und Leistungsdaten
- Deutsches Rotes Kreuz: Qualitätsbericht / Struktur- und Leistungsdaten
- Johanniter-Unfall-Hilfe: Qualitätsbericht / Struktur- und Leistungsdaten
- Malteser Hilfsdienst: Qualitätsbericht / Struktur- und Leistungsdaten