(sst) Vor knapp einem Jahr kam es zu einem Großbrand in der Martin-Niemöller-Schule. Ein vom Schulverweis bedrohter Schüler hatte seine Akte vernichten wollen. Große Teile des Gebäudes wurden dabei zerstört. Am Montag wurde der 19-jährige zu einer Bewährungsstrafe verurteilt.
Ein inzwischen 19-Jähriger musste sich vor dem Jugendschöffengericht des Wiesbadener Landgerichts wegen Brandstiftung verantworten. Der Verwaltungstrakt des Gymnasiums war bei dem Feuer völlig zerstört worden, der Schaden ging in die Millionen. Zahlreiche Helfer von Feuerwehr und Technischem Hilfswerk verbrachten 2007 Heilig Abend und die folgenden Feiertage mit Lösch- und Aufräumarbeiten.
Bereits drei Tage vor dem verherenden Feuer brach Phillip G. zusammen mit seinem 16-Jährigem Kumpel Mourad in die Schule ein. Philipp hat aus Vaters Werkzeugkiste einen Hammer und ein Stemmeisen mitgenommen, Handschuhe eingepackt. Gut zwei Stunden turnen sie durch die Schule, dann hauen sie ab. Sie haben einen Beamer geklaut. Der damals 18-Jährige kennt sich in dem Oberstufengymnasium gut aus, er ist einer der rund 750 Schüler. Er steckt in einer Spirale des schulischen Versagens, ihm droht das Aus. Deswegen bleibt er weg. Seine Noten in Englisch, Französisch und Deutsch haben sich am Nullpunkt eingenistet. Ein neuerliches Sitzenbleiben aber kann er sich nicht erlauben. Es ist die Ironie des Schicksals – erst im Vorfeld des Prozesses kommt an den Tag, dass hinter den Problemen in den Sprachen nicht zuvorderst Faulheit steckt, der Schüler ist einseitig begabt. Seine teilweise Hochbegabung für Naturwissenschaften ist lange unentdeckt.
Weil Mourad, der 16 Jahre alte Mitläufer, auch einen Beamer will, ziehen sie am 23. wieder los. Sie steigen durch ein Fenster ein, das sie am 21. geöffnet hatten. Detailreich schildern beide am vergangenen Dienstag dem Jugendschöffengericht, was sie getrieben haben, was sie gesucht, was sie gefunden haben. Eigentlich wollen sie mit ihrer Beute verschwinden. Philipp steht, so schildert er, alleine im Sekretariat, als er das Protokoll einer Lehrerkonferenz gesehen haben will. Sein Name sticht ins Auge – Versetzung gefährdet, liest er, dazu der Hinweis, dass er fortan Atteste vorzulegen habe. Das Ende einer Selbsttäuschung und das Ende einer Lüge nahen, das wird ihm klar.
Da kommt ihm spontan eine dämliche Idee, er will seine Schülerakte auslöschen, verbrennen. Keine Akte, keine Probleme. Mourad, der ins Sekretariat kommt, findet, dass sei zu „krass“, er kann ihn nicht abhalten. Die Feuermeldeanlage werde Schlimmeres verhindern, allenfalls ein paar Schränke futsch, reden sie sich ein. Die Feuerwehr käme bestimmt rechtzeitig. Kann sie aber nicht, denn die Meldeanlage ist lediglich in der Aula installiert, nicht im Verwaltungstrakt, wo gezündelt wird. Sie läuft auch im Hochbauamt auf, nicht bei der Feuerwehr. Das wissen beide aber nicht. So waren die Einsatzkräfte erst eineinhalb Stunden nach Ausbruch des Feuers vor Ort. Am nächsten Tag ist die Schule ein Trümmerfeld, geschätzte vier Millionen Euro Schaden.
Das Jugendschöffengericht Wiesbaden sprach den 19-Jährigen am Montag wegen fahrlässiger Brandstiftung, Sachbeschädigung und gemeinschaftlichen Diebstahls für schuldig und verurteilte ihn zu einer Jugendstrafe von einem Jahr und vier Monaten auf Bewährung. Zudem muss der Gymnasiast 20 Stunden gemeinnütziger Arbeit ableisten. Die Staatsanwaltschaft hatte 20 Monate Bewährungsstrafe gefordert. Der mitangeklagte Kumpel Mourad wurde zu 40 Stunden gemeinnütziger Arbeit und einer Geldstrafe von 400 Euro verurteilt.
Nach Auffassung des Gerichts hatte der Hauptangeklagte billigend in Kauf genommen, dass wesentliche Teile des Gebäudes durch den Brand zerstört würden. Der Verteidiger des 19-Jährigen kündigte an, keine Rechtsmittel gegen das Urteil einzulegen.
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