(me) Mit knapp 1300 Beteiligten übten Polizei, Feuerwehr, Rettungsdienst und Verkehrsgesellschaft am Sonntag in Frankfurt ein Horrorszenario: Ein Terroranschlag in einem belebten U-Bahnhof. Das Ganze inklusive elektronischer Triage und mit echter Ermittlungs- und Fahndungsarbeit. “SOLIS 2011″ nannte sich die Katastrophenschutzübung am Ostbahnhof.
9 Uhr in der U-Bahnstation “Ostbahnhof” in Frankfurt: Als eine U-Bahn einfährt, gibt es ein einen lauten Knall. Rauch breitet sich aus, Menschen irren umher oder liegen blutüberströmt am Boden, Hilfeschreie hallen an die Oberfläche. Wer in diesem Moment ohne Vorahnung in der Nähe des U-Bahnhofs war, dürfte einen gehörigen Schrecken bekommen haben.
Dass es sich bei der “Explosion” nur um zwei Übungshandgranaten handelte und die um Hilfe Schreienden und Verletzten nur geschminkte Statisten sind, ist von oben kaum zu erkennen. Die monatelange Planung sorgte für eine realitätsnahe Simulation der Lage. In Echtzeit wird der Notruf der Zugführerin abgegeben und in der Zentrale der Verkehrsgesellschaft Frankfurt (VGF) werden die Bilder der Überwachungskameras gesichtet.
Polizei und Rettungsdienste werden alarmiert. Knapp 700 Polizeibeamte und 300 Feuerwehrleute, Sanitäter sowie Notärzte werden mobilisiert. Während die ersten Feuerwehrkräfte unter Atemschutz die Lage erkunden, beginnt für die Polizei bereits die Ermittlungsarbeit. Betroffene werden befragt, eine Suche nach einem Attentäter (gespielt durch einen Polizisten) gestartet.Außerdem werden weitere Bahnhöfe, Krankenhäuser und das Polizeipräsidium von Streifenwagen gesichert.
Der Rauch auf dem Bahnsteig ist schnell verzogen und auch die Messgeräte des Umweltschutzzuges zeigen keine gefährlichen Werte, wie sie nach einem Terroranschlag mit ABC-Waffen auftauchen könnten. Zu diesem Zeitpunkt irren noch rund 100 Personen im Zug und auf dem Bahnsteig umher, einige kümmern sich um die weiteren 50 Verletzten.
Wie bei einer solchen Lage (MANV 50) üblich, werden zuerst alle Verletzten gesichtet und, soweit möglich, lebenserhaltende Sofortmaßnahmen durchgeführt. Wie auch bei der Großübung am Flughafen im vergangenen Jahr, wird diesmal ein komplett digitales Triagesystem (SOGRO) mit PDA und RFID-Armbändern erprobt.
Wer gehfähig ist, kommt schnell raus aus dem Bahnhof. Doch die vielen Verletzten und teils schwer Geschockten müssen getragen oder begleitet werden. Dabei ist zu beobachten, wie energisch die Rettungskräfte ans Werk gehen. So erweisen sich auch Polizisten als engagierte Helfer bei der Rettung der Verletzten. Schnell sind alle Zivilisten an der Oberfläche, wo sie vom Rettungsdienst behandelt werden können.
Während sich nun die Arbeit der Rettungsdienste an der Oberfläche abspielt, beginnt in der U-Bahn die Ermittlungsarbeit der Kriminalpolizei. Auch der flüchtige sowie ein gestorbener Attentäter sind schnell gefunden. Außerdem stellt die Polizei Sichtschutzzäune auf, um die Betroffenen zu schützen.
Rund zwei Stunden lang ist der Bereich rund um den Ostbahnhof ein Blaulichtmeer. Neben der Zusammenarbeit der einzelnen Organisationen, hatte jedoch auch jedeOrganisation für sich gesteckte Übungsziele. Die Polizei erprobte beispielsweise ihr Konzept der Kriminalpolizeilichen Katastrophen Kommission (KrimKatKom) während die Feuerwehr das Einsatzkonzept für einen Massenanfall von 50 Verletzten (MANV 50) testete. Auch die VGF prüfte, wie sie im Schadenfall ihre Meldekette optimieren und die Einsatzkräfte besser unterstützen kann.
“Um bei Unglücksfällen schnell und wirkungsvoll helfen zu können, müssen wir unsere Zusammenarbeit mit Feuerwehr und Polizei so oft wie möglich üben – auch und gerade unter realen Bedingungen. Denn nur so lässt sich erkennen, wo wir gemeinsame Arbeitsabläufe verbessern können. Diese Übung könnte also bei dem Fall, von dem wir alle hoffen, dass er nicht eintritt, Leben retten.”, erklärte der Geschäftsführer der VGF, Michael Budig.
Eine Auswertung von “SOLIS 2011″ kann durch den enormen Umfang erst in den kommenden zwei Monaten durchgeführt werden. Hier werden dann sowohl interne als auch Organisationsübergreifende Konzepte geprüft und gegebenenfalls optimiert.
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