Eine Shisha-Party in Igstadt nahm in der Nacht zum Sonntag ein jähes Ende. Zehn Personen erlitten eine Kohlenstoffmonoxid-Vergiftung und wurden teils in Krankenhäuser gebracht. 70 zeitgleich betriebene Wasserpfeifen sorgten für eine erhöhte Kohlenstoff-Konzentration in der Lagerhalle.
Ein zunächst ganz gewöhnlicher Rettungsdienst-Einsatz entwickelte sich zu einem Großeinsatz für Rettungsdienst und Feuerwehr. Ein Rettungswagen wurde am Sonntag kurz nach drei Uhr zu einer blutenden Kopfplatzwunde nach Igstadt gerufen. Der Gast einer Party in einer Lagehalle am Igstadter Ortsausgang Richtung Kloppenheim hatte sich am Kofferraum-Deckel seines Autos den Kopf gestoßen. Als die Sanitäter den Verletzten behandeln wollen, löst ihr Kohlenmonoxid-Melder, der derzeit aufgrund einer Studie auf allen Rettungswagen und Löschfahrzeugen mitgeführt wird, aus.
Daraufhin wurde die Feuerwehr und weitere Rettungsmittel alarmiert. Neben dem Einsatzleitdienst und den Löschfahrzeugen der Feuerwachen 3 und 2 kam auch der Gerätewagen-Messtechnik an die Einsatzstelle. Ebenso wurde die Technische Einsatzleitung Rettungsdienst, bestehend aus Organisatorischem Leiter Rettungsdienst und dem Leitenden Notarzt, und der Direktionsdienst der Berufsfeuerwehr alarmiert.
Die 13 Partygäste wurden nach und nach auf eine mögliche CO-Vergiftung untersucht. Bei zehn Personen konnte ein erhöhter CO-Wert im Blut festgestellt werden. Vier Personen wurden daraufhin in Krankenhäuser gebracht. Zwei Verletzte fuhren mit ihrem eigenen Auto in ein Krankenhaus. Die vier anderen Verletzten verweigerten die Mitfahrt in einem Rettungswagen, sie feierten lieber weiter.
Die Feuerwehr führte unter Atemschutz CO-Messungen in dem Gebäude durch und belüftete die Räumlichkeiten. Direktionsdienst Harald Müller vermutet als Ursache, dass zeitweise rund 70 Shishas gleichzeitig getrieben wurden. „Das kommt einem Grillfeuer in einem geschlossenen Gebäude gleich“, erklärt Müller weiter. In dem Großhandel für Wasserpfeifen feierten rund 70 bis 100 Gäste. Kurz bevor der Rettungswagen eintraf, wurde nach Angaben eines Partygastes bereits kräftig gelüftet. Die ursprüngliche CO-Konzentration dürfte daher um ein Vielfaches höher gewesen sein.
Eine Shisha ist eine orientalische Wasserpfeife, durch die meist aromatisierter oder unaromatisierter Wasserpfeifen-Tabak geraucht wird. Dadurch kommt es, wie auch bei Tabakrauch, zur Bildung von Kohlenstoffmonoxid. Auch wenn die Verletzten über keine Symptome, wie Kopfschmerzen, Schwindel oder Übelkeit klagten, kann eine CO-Vergiftung schweren Spätfolgen verursachen. Nach Tagen bis zu drei Wochen nach einer CO-Vergiftung entwickeln 10 bis 40% der Opfer Folgeschäden an Herz und Nervensystem. Hierzu gehören Gedächtnis- und Konzentrationsstörungen, Schwindel, Kopfschmerzen, Übelkeit, Persönlichkeitsveränderungen, aber auch Psychosen und parkinson-ähnliche Erkrankungen. Am Herz können eine dauerhafte Leistungsschwäche oder vielfältige Rhythmusstörungen als Spätschäden auftreten.
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Downloads:
- MMH-Studie: „Gefährdung durch Kohlenstoffmonoxid an der Einsatzstelle“ (PDF)
Studienbericht mit einer Gefährdungsanalyse durch Kohlenstoffmonoxid an der Einsatzstelle inkl. Empfehlung zur Ausstattung von Einsatzkräften und Abwicklung von Einsätzen mit erhöhtem Kohlenstoffmonoxidgehalt in der Atmosphäre. - Fachempfehlung des DFV: “Rahmenempfehlung zu Einsätzen bei Verdacht auf einen CO-Notfall innerhalb von Räumlichkeiten“ (PDF)
- Info-Broschüre für Haushalte: „Gefahr durch CO – Kohlenstoffmonoxid“ (PDF)