(sst) Wenn sich in einem brennenden Gebäude noch Menschen befinden, geht es für die Feuerwehr um Sekunden. Doch immer wieder behindern enge und zugeparkte Gassen die Rettungskräfte auf der Anfahrt zum Einsatzort. Wo vielleicht ein PKW noch durchpasst, ist für die großen Einsatzfahrzeuge oft Schluss. Daher unternimmt die Feuerwehr zusammen mit dem Ordnungsamt regelmäßig Kontrollfahrten. Ziel ist es, die Bevölkerung zu sensibilisieren und auf die Problematik aufmerksam zu machen.
Auch bei dem Gebäudebrand nach einer Explosion in der Hartingstraße gab es Probleme bei der Anfahrt. Die Drehleitern verloren lebensrettende Minuten, weil sie durch die enge Gassen kaum hindurch kamen. Daher wollte sich Oberbürgermeister und Feuerwehrdezernent Dr. Helmut Müller selbst ein Bild machen und war so vor kurzem bei einer Kontrollfahrt von Feuerwehr und Ordnungsamt dabei. „Ich glaube nicht, dass die Bürger absichtlich falsch parken.“, so OB Müller, „Viele Leute denken einfach nicht daran, dass vielleicht auch ein großes Feuerwehrfahrzeug durchpassen muss.“
Die Drehleiter ist eines der größten und gleichzeitig wichtigsten Fahrzeuge der Feuerwehr. Mit einer Länge von knapp 10 Metern braucht die neuste Drehleiter der Berufsfeuerwehr einen nicht unerheblichen Radius, um Kurven zu fahren. Trotz einer schmalen Bauart benötigt das Fahrzeug zudem eine Fahrbahnbreite von mindestens 2,51 Meter. Doch genau dort, wo die Drehleiter am dringendsten gebraucht wird, kommt es zu den meisten Behinderungen: In den engen Gassen der Innenstadt. Wenn Gebäude höher als drei Stockwerke sind, kommt die Feuerwehr mit ihren tragbaren Leitern, die auf jedem Löschfahrzeug verladen sind, nicht mehr zu den oberen Stockwerken. Wenn dort Personen gerettet oder Feuer gelöscht werden müssen, wird die Drehleiter gebraucht. Erst ab einer Gebäudehöhe von 22 Metern muss ein zweiter Treppenraum zur Personenrettung vorhanden sein, da auch hier für eine Drehleiter Schluss ist.
Die Kontrollfahrt der Drehleiter startet mit dem Oberbürgermeister auf dem Beifahrersitz auf der Feuerwache 1. Zunächst wird der Bereich Hartingstraße angefahren. Hier kommt die Drehleiter noch relativ problemlos durch, lediglich ein Einweiser wird in einer Kurve benötigt – doch auch dadurch gehen wertvolle Sekunden verloren. In der Stiftstraße kommt die Drehleiter aber endgültig zum Stehen. Eine Frau parkt ihr Fahrzeug so, dass das Fahrzeugheck eine Durchfahrt unmöglich macht. Das Maßband der Ordnungsbehörde bringt Gewissheit: Kein Durchkommen für die Drehleiter. Doch auch PKW’s haben hier Probleme durchzukommen: Auf der gegenüberliegenden Straßenseite wurde bereits ein Spiegel abgefahren. Nach kurzer Zeit kann die Fahrzeughalterin in einer nahe gelegenen Kneipe angetroffen werden. Uneinsichtig und wütend parkt sie nach einer Diskussion mit den Ordnungshütern ihr Fahrzeug näher am Bordstein. Einen Strafzettel bekommt die Frau dennoch.
Die erste Hürde überwunden, setzt sich die Kontrollfahrt fort. Schon wenige Straßen später stößt sie auf das nächste Hinderniss: Ein PKW wurde zu weit im Kreuzungsbereich geparkt, sodass die Drehleiter nicht um die Kurve kommt. Auch durch Rangieren ist kein Durchkommen möglich. Da der Fahrer nicht ausfindig zu machen ist, wird ein Abschleppwagen gerufen. Doch noch bevor dieser eintrifft, kommt der Fahrzeughalter. Sichtlich peinlich ist ihm die Situation. „Das mir ist schon ein wenig unangenehm“, so der Fahrer, „aber ich sehe ja, dass hier kein Feuerwehrauto durchpasst“. Sein Fahrzeug kann er nun entfernen, Abschleppwagen und Strafzettel muss aber auch er bezahlen.
Doch bevor die Kontrollfahrt wieder an der Feuerwache 1 endet, steckt die Drehleiter noch einmal fest. Doch diesmal stehen gleich fünf Autos im Weg. Parken in der Spielstraße, Parken im 5m-Bereich vor der Kreuzung mit Behinderung, Parken auf Grenzmarkierung mit Behinderung und Parken im 5m-Bereich nach der Kreuzung sind die Delikte. Nun versperrt die Drehleiter nicht nur die gesamte Straße, auch kann sie zu einem Einsatz nicht ausrücken. Auf einem Biebricher Balkon brennt eine Matratze. Die Drehleiter der Feuerwache 2 muss ersatzweise ausrücken. Nach und nach tauchen nun aber auch die Halter der verschiedenen Fahrzeuge auf und können ihre Fahrzeuge entfernen, sodass die Drehleiter ihre Fahrt fortsetzten kann.
„Ich muss sagen, der Fahrer der Drehleiter hat echt gute Nerven“, stellt OB Müller fest. Für ihn lief die Kontrollfahrt relativ ruhig ab, aber er glaube, tagsüber sei die Situation schlimmer. Um die Feuerwehr bei Einsätzen nicht zu behindern, sollten die folgenden Dinge beachtet werden:
- Parken Sie nicht im Bereich 5 Meter vor und nach einer Kreuzung oder Straßeneinmündung.
- Halten Sie sich an geltende Halteverbote und Grenzbereiche (gezackte Linie).
- Achten Sie darauf, eine Fahrbahnbreite von mindestens 3 Metern frei zu lassen.
- Halten Sie Feuerwehrzufahrten und -ausfahrten frei.
- Denken Sie beim Parken ab und zu auch an die großen Fahrzeuge der Feuerwehr.