(sst) 13,5 Tonnen schwer, 286 PS stark und nur 2,37 Meter breit: Das erste Wiesbadener LF 20/16 nach neuer Norm steht seit kurzem auf der Feuerwache 1 zum Einsatz bereit. Zukünftig soll das neue Löschgruppenfahrzeug das bisherige Basis-LF ersetzten. Zudem ist es das erste Fahrzeug mit einer im Aufbau integrierten Mannschaftskabine.
Das erste der beiden baugleichen Basis-Löschfahrzeuge wird nun ersetzt. Der bereits acht Jahre alte Mercedes Benz 1124 mit Magirus-Aufbau der Feuerwache 1 wird durch ein neues LF 20/16 auf einem Mercedes Benz 1529 Allrad-Fahrgestell ersetzt. Es ist somit das erste Löschgruppenfahrzeug nach neuer Norm. Doch noch eine Besonderheit hat das Fahrzeug: Die Mannschaftskabine ist erstmalig im Aufbau integriert. „Das war wegen der schmalen Bauweise von nur 2,37 Metern nicht anders machbar“, so Walter Müller, bei der Berufsfeuerwehr zuständig für Fahrzeugbeschaffungen. Viele werden diese Fahrzeugart von der Frankfurter Feuerwehr kennen. Dort sind die meisten Löschfahrzeuge mit einer solchen Mannschaftskabine ausgestattet. Aber beispielsweise auch in Stuttgart oder Rödermark stehen baugleiche Fahrzeuge. „Ob im Aufbau integriert oder nicht – jede Bauart hat ihre Vor- und Nachteile“, erläutert Müller. Eine schlechtere Durchsicht und Kommunikation zwischen Mannschafts- und Fahrerkabine sowie weniger Federkomfort sprechen für die bisherigen Aufbauten. Aber durch die quadratische Mannschaftskabine besteht nun auch ein wenig mehr Platz im Innenraum. Die Praxis wird zeigen, ob ein solches Fahrgestell auch in Zukunft beschafft werden sollte.
Damit die Gerätschaften nicht bei jedem Fahrzeug an einer anderen Stelle verladen sind, versucht man den Aufbau möglichst einheitlich zu gestalten. So ist der Aufbauhersteller auch bei diesem Fahrzeug die Firma Magirus. Für die Beladung des LF 20/16 wurden nahezu alle Gerätschaften neu beschafft, sodass keine Gerätschaften von anderen Fahrzeugen genommen werden mussten und deren Einsatzbereitschaft damit erhalten bleibt. Neben den sonst üblichem feuerwehrtechnischem Gerät, gibt es aber auch bei der Beladung einige Neuerungen. Statt der üblichen Schlauchtragekörbe sind erstmals so genannte Schlauchwickelkörbe testweise verladen. Die Schläuche werden hier nicht in Buchten in den Korb gelegt, sondern werden in einem bestimmten System aufgewickelt und miteinander gekuppelt. So ist das Verlegen der Schlauchleitung und insbesondere einer Schlauchreserve, aber auch das Bestücken der Wickelkörbe, einfacher und schneller. Die Schlauchwickelkörbe werden derzeit in den verschiedenen Wachabteilungen getestet. Resultierend aus den Erkenntnissen der Waldbrandübung im letzten Jahr wurden auf dem Fahrzeug zudem Schlauchtragekörbe mit D-Schläuchen auf dem Fahrzeug verlasstet. So ist nun auch eine gute Ausrüstung für die Waldbrandbekämpfung vorhanden. Um den vielen Wasserschäden Herr zu werden, wird eine so genannte Chiemsee-Tauchpumpe vorgehalten. Diese leistungsstarke Pumpe kann bis zu 1600 Liter pro Minute fördern und kann auch beispielsweise Dreck und Steine bis zu einer Kornbreite von 70mm mitsaugen. Auch eine Hygienestation ist auf dem LF eingebaut: Über einen Wasser- und Druckluftschlauch kann man sich nach einem Einsatz die Hände wachen und die Einsatzkleidung grob säubern. Eine Spezialanfertigung wurde von Magirus für die Geräte zur Verkehrsabsicherung gebaut. Auf einer Art Sackkarren sind nun alle Geräte griffbereit verladen: Verkehrsleitkegel, Warnblitzleuchten und zwei Faltschilder, bekannt als „Ölspur“-Schilder. Über eine integrierte Ladestation werden die Blitzleuchten geladen. Auf Nachfrage erläutert Müller, warum bei der Feuerwehr Wiesbaden zunehmend blaue Blitzleuchten verwendet werden: „Auf Gelb reagiert keiner mehr. Durch die blauen Blitze erhoffen wir uns eine bessere Reaktion der Verkehrsteilnehmer“. Neben einem schallisolierten 13 kVA Stromerzeuger ist auch ein Türöffnungsrucksack und ein Rauchschutzvorhang, der bei einer Überdruckbelüftung eingesetzt wird, verladen.
Um die Unfallgefahr zu senken wurde möglichst wenig auf dem rund 2,40 Meter hohen Fahrzeugdach verlastet. Die beiden Leitern können über eine mechanische Entnahmehilfe vom Boden aus entnommen werden. Auf dem Dach befindet sich außerdem ein pneumatisch ausfahrbarer Lichtmast. Dieser kann allein über die Lichtmaschine betrieben werden und ist mit sechs 24 Watt Xenonleuchten ausgestattet, wovon vier als Nahbereichs- und zwei als Weitstrahler ausgeführt sind. Das Heckblaulicht musste aufgrund der Leiterentnahme je als „halbes“ Blaulicht an die beiden Fahrzeugaußenkanten weichen. Um die Fahrzeugbesatzung vor dem Lärm der Sondersignalanlage zu schützen wurde das Dach der Fahrerkabine zusätzlich isoliert und unter den Presslufthörnern ein Schallblech angebracht. In der Mannschaftskabine befindet sich auf dem eigentlichen Melderplatz ein Gerätekasten, in dem beispielsweise ein Rettungsrucksack verstaut ist. Ebenso gibt es keine typische Sitzbank. Vielmehr wurden unter den Sitzen verschiedene Geräteboxen untergeschoben.
Bevor das Fahrzeug in den Einsatzdienst geht, finden noch Geräteprüfungen und die Ausbildung der Maschinisten statt. Auch einige kleine Umbauten an dem Gerätekasten auf dem Melderplatz müssen noch erledigt werden. Das planungstechnisch bereits zwei Jahre alte Fahrzeug kostete rund 290.000 Euro. Hinzu kamen nochmals 60.000 Euro für die Gerätschaften und Ausrüstungsgegestände. Knapp sieben Jahre soll das LF 20/16 seinen Dienst bei der Berufsfeuerwehr versehen, bevor es – bei einer Gesamtlaufzeit von 20 bis 25 Jahren – einer Freiwilligen Feuerwehr übergeben wird.
Noch dieses Jahr soll neben dem LF 20/16 auch ein Abrollbehälter Umweltschutz als Ersatz für den Rüstwagen-Öl beschafft werden. Im nächsten Jahr sollte außerdem eine neue Drehleiter, baugleich der neuen Drehleiter der Feuerwache 1, beschafft werden. Allerdings gibt es dort Lieferschwierigkeiten, sodass diese Beschaffung eventuell verschoben werden muss. In absehbarer Zeit sollten auch neue Fahrzeuge für die Freiwilligen Feuerwehren angeschafft werden – etwas Konkretes konnte aber noch nicht genannt werden.