Das Druckkammerzentrum Wiesbaden bietet im Umkreis von rund 250 Kilometern die einzige Möglichkeit für eine intensivmedizinische Druckkammerbehandlung, wie die bei Rauchgas- oder Kohlenmonoxidvergiftungen notwendig ist. Derartige Notfälle sind nicht alltäglich, können jedoch jederzeit eintreten.
Doch Ende 2009 musste das Wiesbadener Zentrum an der Schiersteiner Straße ihre 24 Stunden Bereitschaft einstellen. „Es ist ein Job – und der muss bezahlt werden. Das konnten wir aus eigenen Mitteln nicht mehr stemmen“ erzählt uns Michael Kemmerer, der Leiter des Druckkammerzentrums. „Das haben wir vier Jahre lang getan, es dann aber aus wirtschaftlichen Gründen einstellen müssen“, erklärt er die Einstellung des Bereitschaftsdienstes.
Hat ein Mensch, zum Beispiel in Folge eines Wohnungsbrandes, eine Rauchgasvergiftung (Kohlenmonoxidvergiftung) erlitten, ist höchste Eile bei der Behandlung geboten, denn Kohlenmonoxid blockiert innerhalb der Zellen den Sauerstofftransport. Noch nach Wochen und Monaten können sich Spätfolgen wie Lähmungen, Gedächtnisstörungen, Verhaltensänderungen, Kopfschmerz oder Schwindel bemerkbar machen. Diese Spätfolgen sind in anerkannten Studien bewiesen.
Um dies zu verhindern, werden Patienten mit einer Rauchgasvergiftung in der Druckkammer mit medizinisch reinem Sauerstoff behandelt. Das giftige Kohlenmonoxid wird so schneller aus dem Körper des Patienten „ausgewaschen“. Das Verfahren der Druckkammerbehandlung wird von den gewerblichen Berufsgenossenschaften beim Vorliegen einer Rauchgasvergiftung als zwingend erforderliche Therapie angesehen. Auch bei den Vergiftungszentralen wird die Druckkammertherapie nach Rauchgasvergiftung als medizinisch erforderlich angesehen.
In Wiesbaden können entweder bis zu 13 sitzende, medizinisch stabile, Patienten oder ein beatmeter, ein liegender und fünf sitzende Patienten gleichzeitig behandelt werden. Hierzu steht spezielles, für Druckkammern geprüftes, medizinisches Material und natürlich Druckkammerärzte, Druckkammerbediener und medizinische Assistenten zur Verfügung – bisher jedoch nur tagsüber oder im Glücksfall, wenn spontan ein Team „zusammentelefoniert“ werden konnte.
Am vergangenen Freitag zeigten die jahrelangen Bemühungen von Kemmerer, seinen Kollegen, dem Hessischen Sozialministerium und Krankenhausgesellschaft sowie den Krankenkassen endlich Erfolg: Das Hessische Sozialministerium hat der Asklepios Paulinen Klinik, an die die Druckkammer Wiesbaden nun angeschlossen ist, den Versorgungsauftrag „Zentrum für hyperbare Notfall- und Intensivmedizin“ zugewiesen. Damit können nun Vorhaltekosten – wie eben der ärztliche Bereitschaftsdienst – durch die Krankenkassen finanziert werden.
Somit ist, sobald Michael Kemmerer genügend Personal hat, die Druckkammerversorgung für Notfallpatienten in Wiesbaden wieder rund um die Uhr sicher gestellt. „Ich denke, dass wir schon in den nächsten Tagen soweit sind“, freut sich Kemmerer. Beim Großbrand in der Herderstraße am Sonntagabend konnten so schon die Patienten mit Rauchgasvergiftungen erfolgreich in der Druckkammer behandelt werden.
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