(sst) Sie ist eine der 20 Freiwilligen Feuerwehren in Wiesbaden, aber sie unterscheidet sich erheblich von allen anderen. Nicht nur, dass sie die älteste der Stadt ist, sondern auch die Innenstadtlage und nähe zur Berufsfeuerwehr bringen für die Freiwillige Feuerwehr Wiesbaden-Stadtmitte besondere Aufgaben mit sich. Wir besuchten die nette Truppe bei ihrem Übungsdienst und informierten uns ein wenig über die vielfältigste Wehr Wiesbadens.
Die Anfänge der FF-Stadtmitte liegen im Jahr 1850. Nach dem Brand der Mauritiuskirche wurde die erste Freiwillige Feuerwehr in Wiesbaden, das Pompier-Corps mit zunächst 42 Mann gegründet. Nach Gründung der Berufsfeuerwehr 1903 meldete sich die Freiwillige Feuerwehr Wiesbaden Stadt im Jahre 1910 inaktiv, ohne jedoch ganz aufgelöst zu werden.
Ein ABC-Gefahren-Zug musste 1968 aufgestellt werden, der nach einiger Zeit auch im Brandschutz ausgebildet werden musste.
1970 wurde dann eine Rettungshundestaffel gegründet.
Diese Einheiten schlossen sich, vor allem durch die Initiative von Bernd Walter, 1988 zur Freiwilligen Feuerwehr Stadtmitte zusammen.
Heute besteht die FF-Stadtmitte aus der Einsatzabteilung (GABC-Zug, Brandschutzgruppe & Logistikgruppe) mit derzeit 34 Mitgliedern, der Rettungshundestaffel mit 31 Mitgliedern, einer Alters- und Ehrenabteilung mit 5 Mitgliedern, der ebenfalls 1988 gegründeten Jugendfeuerwehr mit 18 Mitgliedern sowie einem Feuerwehrverein mit ca. 130 Mitgliedern.
Brandschutzgruppe
Die Brandschutzgruppe der Freiwilligen Feuerwehr Stadtmitte ist für den Wachbereich Stadtmitte im Wachbezirk I, dem die Innenstadtbezirke Mitte, Rheingauviertel/Hollerborn, Westend, Nordost, Südost und Klarenthal, mit insgesamt über 100.000 Bewohnern, angehören, zuständig. Sie wird nicht bei jeden Brandeinsatz in der Innenstadt mitalarmiert, was aufgrund der Häufigkeit der Einsätze und der Tatsache, das bei dem Großteil dieser Einsätze das Personal und die Ausrüstung des Löschzuges der Berufsfeuerwehr ausreichend sind, nicht machbar wäre.
Erst wenn die Kräfte am Einsatzort nicht ausreichen, wird vom Einsatzleiter die Alarmstufe II ausgerufen und damit ein weiterer Löschzug der Berufsfeuerwehr sowie die FF-Stadtmitte alarmiert.
Die Einsätze für die Brandschutzgruppe belaufen sich auf durchschnittlich 10 Einsätze im Jahr.
Rettungshundestaffel
Die Hauptaufgabe für die Mitglieder der Rettungshundestaffel ist die gezielte Suche mit ihren Hunden nach verschütteten Personen unter Trümmern und das Auffinden vermisster Personen in schwer zugänglichem Gelände.
Seit mehr als 30 Jahren besteht die Rettungshundestaffel der Feuerwehr in Wiesbaden und hat ihr Leistungsvermögen und hohen Ausbildungsstand bei zahlreichen Einsätzen unter Beweis gestellt. Sie ist mit Abstand die älteste organisierte Rettungshundestaffel in Deutschland und eine der wenigen öffentlich-rechtlichen Einheiten.
Für die Ausbildung eines Hundes zum Rettungshund muss die/der Hundeführer/in mindestens 300 Stunden im Jahr investieren.
Grundsätzlich kann jeder Mitglied in der Hundestaffel werden, auch wenn er bereits in einer anderen Freiwilligen Feuerwehr aktiv ist oder außerhalb von Wiesbaden wohnt. Bis ein Hund uns sein/e Führer als Team einsetzbar sind, vergehen ca. zwei Jahre. Jedes aktive Mitglied der Rettungshundestaffel ist voll im Brandschutz (mind. Grundlehrgang) ausgebildet und auch dort einsetzbar.
G-ABC-Zug
Der Gefahrstoff-ABC-Zug (G-ABC-Z) setzt sich in Wiesbaden aus Kräften der Berufsfeuerwehr und der Freiwilligen Feuerwehr Stadtmitte zusammen. Er hat die Aufgabe, atomare, biologische und chemische Gefahren festzustellen und Personen, Geräte und Gelände zu dekontaminieren. Der Hauptschwerpunkt dieses Zuges liegt in der Beseitigung von bei Un- und Störfällen aufgetretenen Umweltverschmutzungen und trägt dabei zur Vermeidung von Umweltschäden bei.
Die FF-Stadtmitte wird bei Gefahrstoff-Einsätzen erst alarmiert, sobald die Dekon-Stufe II (entspricht Gefahrgut-Groß) ausgerufen wird bzw. wenn mehr als 2 CSA-Trupps (CSA = Chemikalienschutzanzug) im Einsatz sind oder mehr als 4 Personen kontaminiert sind, sowie nach Lage. Ebenfalls kann der Zug auf Anforderung anderer Landkreise, des HMdI (Hessisches Ministerium des Innern) oder des Regierungspräsidiums zum Einsatz kommen.
Des Weiteren wird durch die FF-Stadtmitte die G-ABC-Messzentrale personell gestellt. Ihre Aufgabe ist es, u.a. den Einsatz aller Gefahrstoff-ABC-Messungen, Probeentnahmen und Wetterhilfsmeldungen zu leiten und zu koordinieren. Sie nimmt alle Erkundungsmeldungen und Informationen auf, wertet sie aus und leitet sie an alle relevanten Stellen weiter. Sollte es außerdem dazu kommen, dass ein Katastrophenschutzstab (KatS-Stab) eingerichtet wird, stellt die FF-Stadtmitte außerdem GABC-Fachberater.
Zur Bewältigung dieser Aufgaben stehen der FF-Stadtmitte Spezialfahrzeuge zur Verfügung.
Weitere Gruppen und Aufgaben
Weiterhin besteht bei der FF-Stadtmitte eine Logistikgruppe. Bei langwierigen Einsätzen ist es von Nöten, die Einsatzkräfte mit Kalt- und Warmgetränken sowie Verpflegung zu versorgen. Während den Tagesdienstzeiten wird dies normalerweise von der Berufsfeuerwehr übernommen. Bei Großeinsätzen und bei Nacht wird in der Regel die Logistikgruppe der FF-Stadtmitte alarmiert, um die Versorgung sicherzustellen. Die Versorgung von bis zu 100 Personen kann von der FF selbst übernommen werden, bei einer größeren Anzahl an Einsatzkräften wird die SEG-Betreuung des ASB Wiesbaden alarmiert. Die Logistikgruppe ist außerdem für alle sonstigen logistischen Aufgaben, wie z.B. der Transport von benötigten Betriebsstoffen oder – im Hochwasserfall – von Sandsäcken, zuständig.
Tritt in einem der 3 Wiesbadener Tunneln auf der ICE-Strecke Wiesbaden-Köln ein Schadensereignis ein, so werden diverse Kräfte aus anderen Gemeinden und Landkreisen alarmiert. Da diese nicht ortskundig sind, wurde ein Lotsendienst eingerichtet, der die eintreffenden Kräfte an vorher festgelegten Punkten abholt und zur Einsatzstelle leitet. Der Lotsendienst wird personell ebenfalls durch die FF-Stadtmitte gestellt.
Gerätehaus
Das Gerätehaus der FF-Stadtmitte befindet sich auf dem Gelände der Feuerwache 1 der Berufsfeuerwehr Wiesbaden am Kurt-Schumacher-Ring. Es wurde 1996 für die FF-Stadtmitte an das Gebäude der Berufsfeuerwehr angebaut. Das Gerätehaus besteht aus 4 Fahrzeugboxen, einem Aufenthaltsraum, der eigentlich als Umkleideraum gedacht war, und einem Büroraum.
Zudem benutzt die FF im ehemaligen Bunker der Feuerwache 1 zwei Räume, die als Abstellkammern für diverses Material und Geräte benutzt werden, sowie einen Spintraum.
Fahrzeugpark
Für die Bewältigung der vielseitigen Aufgaben der FF-Stadtmitte steht dieser ein umfangreicher Fahrzeugpark zur Verfügung.
Für den Brandschutz sind im Gerätehaus ein Löschgruppenfahrzeug (LF) 8/6 und ein Schlauchwagen (SW) 2000 stationiert.
Das LF 8/6 auf Iveco-Fahrgestell und Magirus-Aufbau wurde mit, vom Feuerwehrverein angeschafften Gerätschaften, wie einem I-Sauger, einem Absperr-Gerätesatz und einem Schaumschnelleinsatzrohr zusätzlich ausgestattet. Das Fahrzeug besitzt einen 600 Liter fassenden Wassertank und eine eingebaute Feuerlöschkreiselpumpe mit einer Leistung von 800 Liter/min. Im Mannschaftsraum sind zum schnelleren Ausrüsten zwei Pressluftatemgeräte integriert.
Der SW 2000 dient zum Verlegen von langen Schlauchleitungen bei Großbränden oder schwieriger Wasserversorgung. Er hat 2000m Schlauch in Buchten verladen, die während der Fahrt als Einzel- oder Doppelleitung verlegt werden können. Weiterhin besitzt er eine Schlauchbrücke zum Überspannen von Verkehrswegen und eine tragbare Feuerlöschkreiselpumpe mit einer Leistung von 1600l/min. Das Fahrzeug ist als MB 1113 eines der ältesten Feuerwehrfahrzeuge in Wiesbaden.
Als Bestandteil des GABC-Zuges steht im Gerätehaus der FF-Stadtmitte ein Dekon-P (Dekontaminationsfahrzeug für Personen). Es dient zum Aufbau einer Dekontaminationsanlage für Personen. Es hat neben einer Ein-Personen-Duschanlage ein Duschzelt für mehrere Personen und ein Aufenthaltszelt verladen. Zum Betreiben der Duschanlage sind unter anderem ein Wärmedurchlauferhitzer und ein Hauswasserwerk vorhanden. Die Beladung entspricht der Dekonstufe II, wie sie auch bei der Berufsfeuerwehr verwendet wird.
Ebenso steht dort ein DMF (Dekontaminationsmehrzweckfahrzeug), welches als Dekon-G (Dekontaminationsfahrzeug Geräte) und als ABC-Nachschubfahrzeug verwendet wird. Seine Beladung ist auf die Dekontamination sowohl von Menschen als auch von Werkzeugen und Geräten ausgelegt.
In separaten Fahrzeugboxen im Übungshof der Feuerwache 1 sind ein GABC-ErkKW und ein GW-StrSpTr stationiert.
Der GABC-ErkKW (Gefahrstoff-ABC-Erkundungskraftwagen) dient dazu, chemische, biologische und atomare Gefahr- und Kampfstoffe aufzuspüren, einzelne chemische Stoffe zu detektieren und kontaminierte Gebiete zu kennzeichnen. In dem Fahrzeug befinden sich neben einem Messcontainer, der die radiologischen und chemischen Messsysteme aufnimmt, u.a. ein Ausstattungssatz zur Entnahme von festen, flüssigen oder gasförmigen Proben. Ausstattungen zur Wettermessung, Orientierung und Markierung, umgebungsluftabhängige und -unabhängige Atemschutzgeräte sowie gasdichte und semipermeable (nur für bestimmte Substanzen durchlässig) ABC-Schutzbekleidung ergänzen die mitgeführte Technik.
Der GW-StrSpTr (Gerätewagen Strahlenspürtrupp) dient zum Messen und Spüren von Gefahrstoffen sowie zur Entnahme von Luft-, Boden-, Bewuchs- oder Gewässerproben bei Unglücken mit radioaktiven Stoffen. Er hat verschiedene Messgeräte und Schutzanzüge verladen.
Weiterhin befinden sich ein Dekon-G-Anhänger und ein Kraftstoffanhänger bei der FF-Stadtmitte.
Der Rettungshundestaffel stehen einige Fahrzeuge der Berufsfeuerwehr auf der Feuerwache 2 zur Verfügung. So zum Beispiel ein Einsatzleitwagen (ELW) 1 mit umfangreichen Kommunikationsmitteln, ein Gerätewagen-Nachschub (GW-N) mit variablem Hundetransportaufbau für die Aufnahme von 8 Rettungshunden, ein GW-N mit Logistikanhänger und ein geländegängiges Motorrad (Krad) für Lotsen- und Erkundungsaufgaben in schwer zugänglichem Gelände.
Die FF-Stadtmitte hat außerdem Zugriff auf fast alle Fahrzeuge der Berufsfeuerwehr, außer Sonderfahrzeuge, wie z.B. den Kran.
Wir bedanken uns für die Informationen und die Zeit, die man sich für uns genommen hat sowie die allzeit gute Kooperation an Einsatzstellen bzw. Übungen bei allen Mitgliedern der FF-Stadtmitte und besonders dem Wehrführer Andreas Wolf!
Bilder: (me) / Historische Bilder: Archiv FF-Stadtmitte